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Was ändert sich hier aus steuerlicher Sicht ab 2024, 2025 oder rückwirkend?
Deutschland soll wettbewerbsfähig bleiben und wieder besser werden. Die Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland ist hoch. Um dem entgegenzuwirken, hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein Wachstumschancengesetz am 30.08.2023 beschlossen. Ein Gesetz für mehr Steuerfairness und wirtschaftliches Wachstum sowie Steuervereinfachung. Es soll Unternehmen ermöglicht werden zu investieren und Innovationen zu wagen, aber auch die Liquiditätssituation langfristig zu verbessern. Das Wachstumschancengesetz sah Entlastungen von jährlich rund 7 Milliarden Euro ab dem VZ 2024 vor. Der Bundestag hat das Gesetz am 17. November 2023 beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrates blieb aus, stattdessen rief dieser am 24. November 2023 den Vermittlungsausschuss an. Das Gesetzgebungsverfahren wurde in das Jahr 2024 verschoben. Der Bundesrat stimmte am 22. März 2024 zu.
Das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) wurde am 27. März 2024 veröffentlicht:
https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/108/VO.html
Die Entlastungen, die das Wachstumschancengesetz vorsah, sind von rund 7 Millionen auf 3,2 Millionen zusammengeschrumpft. Demzufolge sind viele Steuerentlastungen weggefallen oder sehr viel kleiner ausgefallen als ursprünglich geplant. Es gibt aber immerhin noch einige interessante Neuerungen, von denen wir Ihnen die Wichtigsten hier im Einzelnen aufzählen werden.
Einkommensteuer – Verlustvortrag n. § 10d EStG
Verlustvorträge bis zu einer Mio. Euro sind unbeschränkt abziehbar. Oberhalb dieser Grenze steigt der Verlustrücktrag von 60 % auf 70 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte für die Jahre 2024 bis einschließlich 2027. Ab dem VZ 2028 gilt wieder die Prozentgrenze von 60 %. Dies gilt ebenso für die Körperschaftsteuer, aber nicht für die Gewerbesteuer.
Versorgungsfreibetrag / Altersentlastungsbetrag
Mit dem Wachstumschancengesetz wurden auch Entlastungen für Versorgungsleistungen und Renten beschlossen. Ab dem VZ 2023 verringert sich der anzuwendende Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrages nicht mehr in jährlichen Schritten um 0,8 Prozentpunkte, sondern nur noch in jährlichen Schritten um 0,4 Prozentpunkte. Der Höchstbetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sinken ab dem VZ 2023 ebenfalls langsamer. Die 100-prozentige Besteuerung in der Rentenbesteuerung wäre schon im Jahr 2040 erreicht. Durch die Neuerungen des Wachstumschancengesetzes passiert das erst im Jahr 2058. Auch der Anstieg des Besteuerungsanteils des Altersentlastungsbetrags wird verlangsamt durch die Neuregelungen im Wachstumschancengesetz.
Fünftelungsregelung bei der Lohnsteuer § 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG
Durch die Fünftelungsregelung sind außerordentliche Einkünfte wie Abfindungen, Entschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten gemäß § 34 EStG steuerbegünstigt. Dadurch soll die Progressionswirkung des Steuertarifs durch die einmalige Zusammenballung von Einkünften ein wenig reduziert werden. Diese Ermäßigung wird bisher durch den Arbeitgeber berücksichtigt. Ab dem VZ 2025 werden die Arbeitgeber von dieser Pflicht befreit. Die Lohnsteuerermäßigung durch die Fünftelungsregelung kann der Arbeitnehmer dann in der Einkommensteuerveranlagung geltend machen.
Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA, § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG
Die Möglichkeit der degressiven Abschreibung von bis zu 25%, max. das 2,5 fache der linearen Abschreibung, auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde zum 1.1.2020 aufgrund von Corona eingeführt und endete zum 31.12.2022. Nun kann die degressive Abschreibung für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.03.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind in Höhe des 2,0-fachen der linearen Abschreibung bis max. 20%, wieder angewendet werden.
Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA, § 7 Abs. 5a EStG
Für Gebäude, die Wohnzwecken dienen und vom Steuerpflichtigen nach dem 30.09.2023 und vor dem 1.10.2029 hergestellt bzw. bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, soll eine degressive Abschreibung in Höhe von 5% in Anspruch genommen werden können.
Sonderabschreibung § 7g Abs. 5 EStG
Für abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt worden sind, wird die Sonderabschreibung von 20% auf 40% der Investitionskosten erhöht.
Geschenke
Die Freigrenze für Geschenke wird von derzeit 35 Euro auf 50 Euro angehoben ab dem VZ 2024. Freigrenze bedeutet, dass der Betrag bis zur Höhe der Freigrenze steuerfrei bleibt. Wird die Freigrenze überschritten, muss der gesamte Betrag versteuert werden.
Thesaurierungsbegünstigung § 34a EStG
Ab dem VZ 2024 steht ein höheres Thesaurierungsvolumen zur Verfügung. Dies wird durch begünstigte Entnahmen für Steuerzahlungen (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) erreicht.
Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte § 23 Abs. 3 S.5 EStG
Ab dem VZ 2024 wird die Freigrenze von 600 Euro auf 1000 Euro angehoben.
Umsatzsteuer – Anhebung Ist-Besteuerungsgrenze § 20 Satz 1 Nr.1 UStG
Ab dem VZ 2024 wird die Ist-Besteuerungsgrenze (Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) von 600.000 Euro auf 800.000 Euro angehoben.
Abgabenordnung – Grenzen Buchführungspflicht § 141 AO
Die Umsatzgrenze für die Buchführungspflicht wird von 600.000 Euro auf 800.000 Euro angehoben. Die Gewinngrenze wird von derzeit 60.000 Euro auf 80.000 Euro angepasst. Dies gilt nach dem 31.12.2023.
Sonderregelung private Nutzung von Elektrofahrzeugen § 6 Abs.1 Nr.4 S.2 Nr.3 und S.3 Nr.3 EStG
Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen PKW wird nur ein Viertel der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) angesetzt, wenn es sich um ein reines Elektrofahrzeug handelt. Der Höchstbetrag für die Anschaffungskosten dieser Fahrzeuge (Anschaffung nach dem 31.12.2023) wird von 60.000 Euro auf 70.000 Euro angehoben. Ursprünglich waren 80.000 Euro geplant.
Befreiung von der Umsatzsteuervoranmeldung § 18 UStG
Beträgt die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro (bis 31.12.2024 1.000 Euro) ist der Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung befreit. Dies gilt ab dem VZ 2025. Bei Aufforderung zur Abgabe durch das Finanzamt bleibt die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung bestehen.
Kleinunternehmer § 19 UStG
Ab dem VZ 2024 fällt die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für Kleinunternehmer weg.
E-Rechnung ab 1. Januar 2025
Die elektronische Rechnung wird im B2B-Bereich ab 1.1.2025 verpflichtend eingeführt. Ab dem 1.1.2025 müssen Unternehmen verpflichtend e-Rechnungen empfangen und archivieren können. Gerne können Sie sich zu diesem Thema auf unserer Homepage unter dem Blogartikel „Warum wird die e-Rechnung verpflichtend ab 1.1.2025 für Unternehmen eingeführt?“ informieren:
Folgende Änderungen wurden leider nicht im Wachstumschancengesetz umgesetzt
- Die Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro. Es bleibt bei 800 Euro.
- Anhebung Betragsgrenze für Sammelposten auf 5.000 Euro und Verkürzung der Abschreibungsdauer auf 3 Jahre. Es bleibt bei 1.000 Euro und 5 Jahren.
- Anhebung Freibetrag für Betriebsveranstaltungen auf 150 Euro. Es bleibt bei 110 Euro jährlich.
- Verpflegungspauschalen werden nicht angehoben. Es bleibt bei den bestehenden Verpflegungspauschalen: Bei einer Abwesenheit von 24 Stunden – 28 Euro, für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer nicht an seinem Wohnort übernachtet –14 Euro, bei einer Abwesenheit ohne Übernachtung von mehr als 8 Stunden –14 Euro
- Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen
- Klimaschutz-Investitionsprämie
- Einkommensteuerrechtlicher Verlustrücktrag nach § 10d EStG
- Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag nach § 10a GewStG
Mit diesen Neuerungen und Veränderungen, verankert im Wachstumschancengesetz, soll das dringend nötige Wirtschaftswachstum in Deutschland wieder angekurbelt werden. Es bleibt abzuwarten, wo die Entwicklung langfristig hingeht. Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Fragen haben, welchen Nutzen Sie aus dem Wachstumschancengesetz ziehen können.
Bei Fragen können Sie uns gern anrufen (030-8620331-0) oder mailen an info@steuerberater-berlin.de.
Der Text kann eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Wir übernehmen keine Haftung für eventuell unrichtige Aussagen.
Dr. Alexander Georgi, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Berlin
Christiane Georgi, Steuerberaterin, Berlin
Dr. Georgi Steuerberatungsgesellschaft mbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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