Vermögensteuer in Deutschland nach dem 26. September 2021?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 22. Juni 1995 die Erhebung einer Vermögensteuer für verfassungswidrig erklärt. Immobilienvermögen wurde gegenüber anderem Vermögen besser behandelt. Die Anwendung wurde nur bis zum 31.12.1996 erlaubt. Die Mehrheit der Richter hat sich ferner zu dem Halbteilungsgrundsatz bekannt. Hiernach darf die Vermögensteuer zuzüglich der übrigen Steuern wie Einkommensteuer nur zu einer Steuerbelastung zu rund 50 Prozent erfolgen.

Seit 1997 wird die Vermögensteuer in Deutschland nicht mehr erhoben.

 

Die aktuelle politische Debatte in Deutschland im Jahr 2021:

Nunmehr ist die politische Diskussion vor der Bundestagswahl in vollem Gange. Während die SPD, die Grünen und die Linke die Einführung der Vermögensteuer ideologisch vertreten, sind die CDU/CSU und die FDP gegen die Einführung einer Vermögensteuer.

Die SPD möchte nach der Bundestagswahl ab einem Vermögen von 2 Millionen EURO pro Person eine Vermögensteuer von 1 Prozent auf das Nettovermögen pro Jahr erheben. Beispielsweise das private Einfamilienhaus und die private Altersvorsorge sollen in die Berechnung einbezogen werden.

Die Grünen erwähnen, dass sie das Betriebsvermögen nach der Bundestagswahl geringer besteuern möchten.

Die Linke will nach der Bundestagswahl Vermögen (abzüglich Verbindlichkeiten) oberhalb von 1 Million EURO mit 1 Prozent besteuern. Bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen EURO steigt die Steuer auf 5 Prozent an. Für Betriebsvermögen gelten Freibeträge von mindestens 5 Millionen EURO.

Ferner schlägt die Linke eine einmalige Vermögensabgabe vor.

Die CDU/CSU und die FDP möchten für die von Corona gebeutelte Wirtschaft keine neue Steuer erheben.

 

Das Steueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland:

Laut statistischem Bundesamt betrugen die Steuereinnahmen im Jahr 2019 knapp 800 Milliarden EURO. Im Jahr 2020 ist das Steueraufkommen im Rahmen der Corona-Pandemie um rund 60 Mrd. EUR auf rund 740 Mrd. EUR gesunken. Im Jahr 2009 betrug das Steueraufkommen noch 524 Mrd. EUR. Somit ist das Steueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland von 2009 bis 2019 um 276 Mrd. EUR und über 50% gestiegen.

Die Einnahmen sind fulminant in den letzten Jahren gestiegen. Der deutsche Staat hat damit kein Einnahmenproblem.

Das Vermögensteueraufkommen wird auf 10 Milliarden EURO quantifiziert. 10 Milliarden EURO bezogen auf 740 Milliarden EURO wäre ein Anteil 1,3 %. Die Vermögensteuer würde daher keinen nennenswerten Beitrag leisten.

Im Übrigen betrug die Vermögensteuer im letzten Jahr seiner Erhebung (1996) laut BMF mit rund 9 Milliarden DM nur rund 1% des gesamten Steueraufkommens in der Bundesrepublik Deutschland.

 

Wirkungen einer Vermögensteuer in Deutschland:

Die Vermögensteuer würde Investitionen in Deutschland uninteressanter machen. Investitionen in anderen Ländern würden – relativ betrachtet – attraktiver werden.

Die Vermögensteuer würde vermögende Personen zum Wegzug aus Deutschland animieren und das gesamte Steueraufkommen würde sinken.

Beispielsweise könnten digital aufgestellte Unternehmen Deutschland sehr schnell verlassen und ihren Firmensitz ins Ausland verlagern.

Firmen und Privatpersonen würden Strategien zur Vermeidung der Vermögensteuer erarbeiten. Ausweichreaktionen und Umgehungsmöglichkeiten wäre die vorzeitige Übertragung von Immobilien auf die Kinder und/oder Enkelkinder unter Vorbehaltsnießbrauch. Das gesamte staatliche Steueraufkommen würde hier geringer sein als ohne Vermögensteuer, da Schenkungen steuerbegünstigt vorgezogen werden könnten.

 

Die Kosten der Erhebung einer Vermögensteuer in Deutschland:

Die Kosten der Erhebung auf Seiten der Finanzbehörden wäre unverhältnismäßig groß. Die Einführung der Vermögensteuer hätte ein gigantisches Bewertungsproblem. Alle Immobilien, Betriebsvermögen, aber auch Kunstgegenstände o.ä. müssten bewertet werden. Eine Vielzahl von Gutachten und Klagen wären die Folge. Die deutschen Finanzbehörden sind nicht auf die Bewertung aller in Deutschland existierenden Immobilien und anderer Sachwerte vorbereitet. Schließlich existieren eine Reihe von unterschiedlichen Bewertungsverfahren, wie das Sachwertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Vergleichswertverfahren. Darüber hinaus würden gegebenenfalls auch im Ausland befindliche Vermögenswerte deutscher Steuerpflichtiger/Eigentümer der Besteuerung und Bewertung unterliegen.

Die Ressourcen des Staates bzw. der Finanzbehörden könnten auf andere Art und Weise wesentlich sinnvoller eingesetzt werden. Derzeit sind die Ressourcen des Staates zur Erhebung der Vermögensteuer nicht vorhanden.

Uns als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Berlin zeigen sich derzeit in der Praxis bei dem Erstellen von Erbschaftsteuererklärungen und Schenkungssteuererklärungen die exorbitant hohen Aufwendungen der Bewertung von Immobilien. Beispielsweise müssen Bodenwerte des Gutachterausschusses und des zu bewertenden Objektes auf eine vergleichbare Geschossflächenzahl angepasst werden. Nur der Vergleich der Bodenrichtwerte ist falsch. Ferner ist es überaus strittig, ob die Bodenrichtwerte für Bestandshäuser überhaupt anzuwenden sind, da die Bodenrichtwerte laut Gutachterausschuss in Berlin nur für Neubauten und leere baureife Grundstücke gelten. Ebenso muss die tatsächliche GFZ zur GFZ des Bodenrichtwertes ins Verhältnis gesetzt werden.

In unserer Steuerkanzlei stellt die neu geregelte Kaufpreisaufteilung derzeit einen sehr hohen Arbeitsaufwand dar. Bei einem Kauf eines Hauses sind Grund und Boden sowie Gebäudewert zu ermitteln, um die Abschreibung berechnen zu können. Der BFH hat mit Urteil vom 21.07.2020 (IX R 26/19) geurteilt, dass die vereinfachte Arbeitshilfe des BMF nicht mehr anzuwenden ist. Somit sind nunmehr alle vermieteten Gebäude neu in Grund und Boden sowie Gebäudewert aufzuteilen. Das neue Bewertungsverfahren ermöglicht das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren.

In den Studien der Befürworter einer neuen Steuer wird verkannt, dass die Bewertung aller in Deutschland bestehenden Wohnimmobilien, Büroimmobilien, Spezialimmobilien, Lagerhallen, Parkplätze, Parkhäuser, Einzelhandelsimmobilien, Ackerflächen, Wälder und Seen ein bürokratisches Monster darstellt. Vermögende Personen würden durch die neue Steuer vielmehr in andere Länder vertrieben.

 

Weltweit weitgehende Abschaffung der Vermögensteuer:

In Frankreich hat die Einführung der Vermögensteuer in den 1980er Jahre zu Abwanderungen in benachbarte Länder wie die Schweiz geführt. Mittlerweile ist die Vermögenssteuer in Frankreich abgeschafft.

Laut IFO-Institut haben fast alle OECD-Staaten in den letzten Jahren die Nettovermögensteuern, sofern sie existierten, wegen der erheblichen Nachteile abgeschafft.

 

Verfassungswidrigkeit der Vermögensteuer:

Die Einführung einer Vermögensteuer ab dem Jahr 2021 wäre wohl verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit Beschluss vom 22. Juni 1995 zu dem Halbteilungsgrundsatz bekannt, so dass sich die Steuerbelastung aus Einkommensteuer und Vermögenssteuer nur maximal 50 Prozent betragen darf.

Vermögen auf einem Girokonto würde zu einer Steuer von 1 Prozent führen. Das wäre verfassungswidrig.

An einem Beispiel eines Mietshauses eines unserer Mandanten möchten wir die Verfassungswidrigkeit der Vermögenssteuer erläutern:

Ein Mietshaus in exponierter und begehrter Lage nahe des Berliner Kurfürstendamms hat einen Verkehrswert von 7 Millionen EURO. Es bestehen überwiegend sehr langfristige Mietverträge. Die Möglichkeiten zur Mieterhöhung sind kaum möglich. Aufgrund des bestehenden Mietrechts und des Berliner Mietspiegels beträgt die Bruttomiete 173.000 EURO. Nach Abzug der Betriebskosten und Instandhaltungskosten betragen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung rund 90.000 EURO. Auf diesen Betrag werden rund 48 Prozent Steuern (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) erhoben. Nach Steuern verbleiben dem Steuerpflichtigen rund 46.800 EURO. 1 Prozent Vermögensteuer würde zu einer Steuer von 70.000 EURO führen. Der Steuerpflichtige könnte aus den Mieteinkünften nicht die Vermögensteuer bezahlen. Dieser Fall wäre wohl zweifelsfrei verfassungswidrig. Klagen der Betroffenen wären zu erwarten und vorprogrammiert.

 

Fazit:

Wie beschrieben wäre die Einführung einer Vermögensteuer wohl sehr wahrscheinlich verfassungswidrig, da die Steuerbelastung schnell die Erträge übersteigen könnte und die Steuerbelastung dann über 100 Prozent liegen würde.

Warum sollte sich eine vermögende Privatperson mit dem Gedanken anfreunden, in Deutschland für fremde Personen Mietraum anzubieten und hiermit von Seiten des Staates bestraft zu werden und Verluste erzielen?

Da wäre ein Umzug in die Schweiz mit den tollen Bergen und den entspannten Personen eine echte Option und der Erwerb einer Immobilie in einem anderen Land wie Österreich viel interessanter.

Deutschland steht in der globalisierten Welt in Konkurrenz zu den anderen Steuersystemen. 

Weiterhin gibt es am 26. September 2021 in Berlin das Volksbegehren „Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Auch hiervon gehen für Investoren feindliche Signale der Enteignung aus.

Unternehmen sind in durch Corona stark belastet. Der Wirtschaft würde die Einführung einer neuen Steuer schaden.

In einer globalisierten Welt würde sich die Wirtschaft auf die neue Situation schnell einstellen. Vermögen der Wirtschaft ist in der globalisierten Zeit mobil. International aufgestellte Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon, Apple und Tesla könnten Ihr Vermögen und dann auch Arbeitsplätze schnell in andere Länder verlagern, um eine neue Steuer zu umgehen.

Die Einführung einer Vermögensteuer in Deutschland würde das Investitionsklima beschädigen und zu Ausweichreaktionen führen. Das gesamte staatliche Steueraufkommen wäre mit einer Vermögensteuer geringer als ohne Vermögensteuer.

Die Forderung nach einer Vermögensteuer in Deutschland ist eine populistische Maßnahme ohne Aussicht auf ökonomische Sinnhaftigkeit.

 

Gern besprechen wir mit Ihnen, wie Sie sich auf eine mögliche neue Vermögensteuer in Deutschland vorbereiten können.

Dieser Text kann eine individuelle Beratung nicht ersetzen.

Bei Fragen können Sie uns gern anrufen (030-8620331-0) oder mailen an info@steuerberater-berlin.de.

Bleiben Sie gesund.

Dr. Alexander Georgi, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Berlin
Christiane Georgi, Steuerberaterin, Berlin

Dr. Georgi Steuerberatungsgesellschaft mbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Prinz-Handjery-Straße 77
14167 Berlin

Internet: steuerberater-berlin.de
Email: info@steuerberater-berlin.de

Berlin, 18. September 2021

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