Abgabefrist bis 31. Oktober 2022
Neuregelung ab 2025
Die Verfassungswidrigkeit und die folgende Neuregelung der Grundsteuer
Durch das Urteil vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht aus Karlsruhe das bisherige Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, da es gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Vermehrt trat der Fall auf, dass gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt wurden. Durch das Urteil wurde der Gesetzgeber vom Gericht zur Grundsteuerreform aufgefordert. Trotz Verfassungswidrigkeit kann nach altem Recht gezahlte Grundsteuer für Grundstücke nicht vom Finanzamt zurückgefordert werden.
Das alte Recht darf bis spätestens zum 31. Dezember 2024 angewandt werden. Dies bedeutet zugleich, dass ab dem 01. Januar 2025 die neuen Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer zwingend herangezogen werden müssen. Gesetzlich wiedergegeben wird dies im § 37 GrStG. Der Einheitswert verliert dann seine Gültigkeit. Gesetzlich wurde in 2019 das Grundsteuer-Reformgesetz (GrStRefG) verabschiedet, auf dessen Basis die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Mängel beseitigt werden sollen.
Die Gemeinden bzw. Kommunen erhalten also weiterhin die Einnahmen aus der Grundsteuer. Das Grundsteueraufkommen ist in den Jahren 2009 bis 2018 von rund 10,9 Mrd. EUR auf 14,2 Mrd. EUR laut Statistischem Bundesamt gestiegen. Für die Kommunen ist die Grundsteuer nach der Gewerbesteuer und dem Anteil der Gemeinde an der Einkommensteuer die drittgrößte Einnahmequelle. Eine Reform ist seitens der Gemeinden unbedingt notwendig, um weiterhin die Grundsteuer erheben zu dürfen.
Somit ist erstmals ab dem 15. Februar 2025 die „neue“ Grundsteuer von den Eigentümern an die Gemeinden (in Berlin an die Finanzämter) zu zahlen. An den altbekannten Fälligkeiten hat sich somit nichts geändert (§ 28 Absatz 1 GrStG)
Die Reform & der Ablauf – was nun unternommen werden muss
Die Grundsteuerreform zwingt die Steuerpflichtigen und Steuerberater zum umgehenden Handeln. Der aktuelle Stand ist, dass ab dem 01. Juli 2022 die Bewertung des Grundbesitzes mittels einer Erklärung über das online Portal „Elster“ möglich sein soll. Ab diesem Tag gilt es dann schnell tätig zu werden, da die Frist zur Abgabe dieser Erklärung bereits vier Monate später, nämlich am 31. Oktober 2022, endet.
Um sich bei dem Portal anmelden zu können ist im Vorhinein ein Elster-Zertifikat zu beantragen. Dies ist jetzt schon möglich und sollte auch so schnell wie möglich beantragt werden.
Hilfe finden Sie hier: https://www.elster.de/eportal/registrierung-auswahl
Die Berechnung
Es gibt keine bundeseinheitliche Regelung für die neue Grundsteuer. Sieben Bundeslänger weichen von dem sogenannten Bundesmodell ab. Diese sind:
Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen.
Die verbleibenden Bundesländer und somit auch Berlin und Brandenburg gehen nach dem folgenden Schema vor:
| Das Bundesmodell in drei Schritten | Bemerkung |
1. |
Ermittlung des Grundsteuerwerts |
Abgabefrist: 31.10.2022 |
2. | Steuermesszahl x Grundsteuerwert | z.B. 0,031% für Einfamilienhäuser (§ 15 GrStG) |
3. | Grundsteuermessbetrag x Hebesatz | Bisher sind keine neuen Hebesätze beschlossen worden. |
Das Bundesmodell orientiert sich am Wert einer Immobilie. Zukünftig soll es keinen Unterschied machen, ob das Grundstück – egal ob Haus oder Wohnung – in einer begehrten oder unbegehrten Lage steht.
Neue Hebesätze sind bis zur Erstellung des Beitrags noch nicht festgelegt worden. Es wird erwartet, dass nach Ermittlung der Grundsteuerwerte die Hebesätze in der Höhe festgelegt werden, sodass das Gesamtaufkommen der Grundsteuer dem Aufkommen vor der Reform entspricht. Man geht davon aus, dass die neuen Hebesätze in 2024 bekanntgegeben werden.
Die Bewertung erfolgt mit unterschiedlichen Methoden. Hier eine kurze Zusammenfassung:
Unbebaute Grundstücke | Grundstücksfläche x Bodenrichtwert |
Bebaute Grundstücke | Mit dem Ertragswertverfahren (§ 252 BewG) z.B.: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum mit dem Sachwertverfahren (§ 258 BewG): |
Land- und forstwirtschaftliches Vermögen | Summe aller Reinerträge x Kapitalisierungsfaktor |
Achtung: Für das bebaute Grundstück ist entscheidend, wie es verwendet wird und bebaut wurde, da hier zwei verschiedene Methoden zum Ansatz kommen können!
Des Weiteren ist hervorzuheben, dass die Reform besonders typisierte Zahlen vorgibt. Für das Ertragsverfahren bedeutet dies, dass die Grundsteuerwerte für Grundstücke und Gebäude mehr nach Vergleichszahlen, die aus dem Gesetz zu entnehmen sind, statt tatsächlich erzielten Mieterträgen zu ermitteln ist. Dies gilt ebenfalls für das Sachwertverfahren, bei dem Sachwerte für Ausstattung und Modernisierungsgrad des Objektes maßgebend sind. Auch diese Sachwerte sind aus den neu hinzugefügten 7. Abschnitt des Bewertungsgesetzes (§§218 ff BewG) zu entnehmen.
Das Ergebnis ist jeweils der Grundsteuerwert (siehe Punkt 1 des Bundesmodells)
Laut Bundesfinanzministerium sind beispielsweise für Wohngrundstücke die folgenden Angaben von den Steuerpflichtigen bzw. Steuerberatern zu machen:
- Lage des Grundstücks
- Grundstücksfläche
- Bodenrichtwert
- Gebäudeart
- Wohnfläche
- Baujahr des Gebäudes
Wer könnte beschwert sein?
Durch die Reform und damit einhergehende Neuregelung der Grundsteuer und der Bewertung soll das Steueraufkommen durch die Grundsteuer nicht erhöht werden. Es wird jedoch der Fall eintreten, dass Steuerpflichtige mehr Grundsteuer als vor der Grundsteuerreform zahlen müssen. Abhängig ist dies von der Lage des Grundstücks und dem noch festzusetzenden Hebesatz.
Für wen wird es teuer?
Dies ist stark vom Einzelfall abhängig und pauschal nicht zu beantworten. Eine zwingende Rechtsfolge nach Maß des Bundesverfassungsgerichts wird es jedoch sein, dass einige Steuerpflichte mehr zahlen und manche weniger zahlen müssen. Diese Folge ist unvermeidbar, da durch aktuelle Bewertungsunterschiede, die auf alten Werten basiert, ungerechte Grundsteuern bezahlt werden müssen.
Die Grundsteuer A, B oder C
Nicht jede Grundsteuer ist gleich Grundsteuer. Bereits vor der Grundsteuerreform gab es die Grundsteuern A und B. Wobei „A“ für die agrarische Nutzung und „B“ für die bauliche Nutzung steht. Die neu hinzugefügte Kategorie „C“ zielt auf baureife, aber unbebaute Grundstücke in Ballungsgebieten ab. Das Ziel seitens der Gemeinden, Kommunen oder Städten ist es zum Bauen zu animieren und Wohnraum zu schaffen. Zugleich ist dies auch ein Versuch Grundstücksspekulationen unattraktiver zu machen.
Die Grundsteuerreform als Mieter
Mieter, denen das Grundstück nicht gehört, sind nicht zum Handeln gezwungen. Mieter werden jedoch indirekt über Betriebskostenabrechnungen ab 2025 die neue Grundsteuer zahlen müssen, da diese meist über die jährliche Abrechnung vom Eigentümer umgelegt wird.
Personen, die nun tätig werden müssen
Verschiedenste Personen sind nun angehalten tätig zu werden. Wir zählen nachfolgend einige Personen auf, die dazu gehören:
- Natürliche Personen als Eigentümer eines Grundstücks. Eheleute müssen zusammen eine Erklärung abgeben
- Mit Haus
- Ohne Haus
- Erbengemeinschaften, die Grundvermögen besitzen.
- Vertretungsberechtige von Personen- und Kapitalgesellschaften wie z.B. von einer GmbH oder einer OHG.
Die Befreiung von der Grundsteuer
Unter bestimmten Voraussetzungen können Steuerpflichtige von der Grundsteuer befreit werden. Dies gilt hauptsächlich jedoch für gemeinnützige Körperschaften und Kirchen. Für den Standard Einfamilienhaus-Besitzer ist keine Befreiung vorgesehen.
Das wichtigste auf einen Blick zusammengefasst
- Neuregelung der Grundsteuer wegen Verfassungswidrigkeit
- Handlungsbedarf ab dem 01. Juli 2022
- Abgabefrist 31. Oktober 2022
- Alle Eigentümer sind verpflichtet an der Neubewertung teilzunehmen.
- Gewaltiger Verwaltungsaufwand, da ca. 36 Millionen Neubewertungen.
Fazit
Mit der Grundsteuerreform kommen auf Finanzämter, Steuerpflichtige bzw. Eigentümer und Steuerberater erhebliche Mehrarbeiten (schon vor 2025) für die neue Berechnung der Grundsteuer hinzu.
Es ist fraglich, ob die Frist zum 31. Oktober 2022 eingehalten werden kann, da es noch nicht endgültig feststeht, ob die Möglichkeit ab dem 01. Juli 2022 besteht, alle relevanten Daten zur Ermittlung des Grundsteuerwertes an das Finanzamt elektronisch zu übermitteln.
Es sollten jetzt jedoch schon alle relevanten Daten vom Steuerpflichtigen zusammengetragen werden, damit der Erstellung der Erklärung nichts im Wege steht, sobald der Onlinezugang freigeschaltet ist.
Für das Finanzamt und die Steuerberater bedeutet dies einen Berg an Zusatzarbeit, da nach ungefähren Schätzungen ca. 36 Millionen Grundsteuerwerte ermittelt werden müssen.
Dieser Text kann eine individuelle Beratung zur Grundsteuerreform nicht ersetzen. Wichtig ist, dass Sie als Eigentümer eines Grundstücks oder Eigentumswohnung nun aktiv werden müssen.
Haben Sie Fragen zu diesen Themen, benötigen mehr Informationen oder möchten von uns beim Finanzamt vertreten werden? Rufen Sie uns gern unter der 030-8620331-0 an oder mailen an info@steuerberater-berlin.de.
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Bleiben Sie gesund.
Dr. Alexander Georgi, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Berlin
Christiane Georgi, Steuerberaterin, Berlin
Dr. Georgi Steuerberatungsgesellschaft mbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Berlin, 30. Mai 2022