Steuerrecht ist äußerst komplex. Steuerrecht ist schwierig zu durchschauen. Steuerrecht ist meist nicht nur eindimensional.
Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Berlin beschäftigen wir uns im Jahr 2022 seit über 15 Jahren mit dem Thema der Besteuerung von Autos im Privatvermögen und Betriebsvermögen. Jeder PKW ist bei jedem Steuerpflichtigen individuell zu berücksichtigen. Es gibt keine pauschalen einfachen Aussagen.
1. Definitionen
Das Wort Dienstwagen existiert nicht im deutschen Steuerrecht. Vielmehr wird das Wort Dienstwagen beispielsweise für ein Auto (Audi A8) der ehemaligen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger in den Medien verwendet.
Der Begriff Dienstwagen ist beispielsweise bezogen auf die in Deutschland existierenden vielen Millionen Selbständigen ein irreführender Begriff.
Einer unserer Mandanten ist ein Garten- und Landschaftsarchitekt, der viele Kunden im Süddeutschen Raum mit dem Skoda Yeti seiner GmbH besucht. Laut Angaben des Mandanten fährt er 95% seiner Fahrten im Auftrag seiner GmbH mit dem Auto quer durch Deutschland. Die private Nutzung des PKWs liegt bei 5%. Da der Mandant (trotz unserer Empfehlung) für das Auto kein Fahrtenbuch geschrieben hat, ist die Anwendung der 1%-Regelung für ihn relativ teuer.
An dieser Stelle ist es falsch, bei einem Skoda Yeti von einem Dienstwagen zu sprechen. Das Wort Dienstwagen suggeriert den Audi A8 und nicht den Skoda Yeti. Vielmehr handelt es sich aus steuerlicher Sicht um einen PKW im Betriebsvermögen.
2. PKW im Privatvermögen
Befindet sich der PKW im Privatvermögen, kann pauschaliert 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer als Ausgabe erfasst werden.
Legt der Steuerpflichtige detaillierte Aufwendungen und Kilometerleistungen unterteilt nach Privatfahrten und Geschäftsfahrten vor, können auch deutlich höhere Kostensätze als Aufwand erfasst werden. Sofern der PKW noch abschreibbar ist, sind in der Regel die Aufwendungen deutlich höher als die pauschalen 0,30 EUR/km.
Bei PKWs im Betriebsvermögen gilt die 1%-Regelung oder die Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu schreiben.
3. Fahrtenbuchmethode
Jeder Steuerpflichtige hat das Recht, ein Fahrtenbuch zu schreiben. Mit dem Fahrtenbuch werden die Fahrten in drei Kategorien unterteilt:
- Privatfahrten
- Geschäftsfahrten
- Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Am Jahresende ergibt sich aus den gefahrenen Kilometern ein Prozentsatz aus Privatfahrten und Geschäftsfahrten. Multipliziert mit den Aufwendungen ergibt sich eine exakte Zuordnung der Aufwendungen.
4. Die 1%-Regelung (§ 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG) anstatt Dienstwagenprivileg
Bei der 1%-Regelung wird 1% des inländischen Bruttolistenneupreises inklusive Sonderausstattung pauschal monatlich besteuert. Jährlich werden somit 12% besteuert. Zusätzlich werden die Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte besteuert, was bei größeren Entfernungen zu einer enormen Belastung führt. Bei einer Entfernung von 33 Kilometern zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte werden die 1% quasi verdoppelt.
1% hört sich erst einmal gering an. Das folgende Beispiel soll jedoch verdeutlichen, dass die 1%-Regelung bzw. Firmenwagenbesteuerung ein teures Unterfangen ist:
Einer unserer Mandanten fährt einen Mercedes Benz GLA 4 Matic mit einigen Extras. Der inländische Bruttolistenneupreis beträgt 62.201,30 EUR. Somit werden 622 EUR monatlich von dem Geschäftsführer einer GmbH besteuert. Er wohnt 20 Kilometer von seiner Arbeitsstätte entfernt. Daher werden zusätzlich 373,20 EUR monatlich besteuert. Insgesamt wird die Privatnutzung des Firmenwagens mit 995,20 EUR besteuert. Mir fehlt an dieser Stelle jegliches Verständnis, von einem Dienstwagenprivileg zu sprechen. Aus meiner Sicht ist die 1%-Regelung teuer und ein gutes „Geschäft“ für das Finanzamt.
5. Inländischer Bruttolistenneupreis (§ 6 Absatz 1 Nr. 4 EStG) sowie gebrauchte Autos
Obwohl einige unserer Mandanten einen Neuwagen bzw. Reimport aus dem europäischen Ausland kaufen, ist der inländische Bruttolistenneupreis zu besteuern. Der Preisvorteil von 20 bis 25% wird nicht angerechnet.
Gleiches gilt bei gebrauchten Autos.
Beispiel: Ein BMW 530iX Baujahr 2018 kostet 33.400 EUR. Der Bruttolistenneupreis beträgt rund 64.000 EUR. Der Steuerpflichtige muss den inländischen Bruttolistenneupreis von 64.000 EUR besteuern, obwohl er nur 33.400 EUR bezahlt hat.
An diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass die 1%-Regelung für Steuerpflichtige „teuer“ ist.
6. Porschefahrer
Oft wird von dem „Porschefahrer“ gesprochen und es wird als ungerecht dargestellt, dass hier eine Firmenwagenbesteuerung erfolgt. An dieser Stelle fehlen mir eine sachliche Debatte und fundierter Argumente.
Die Mehrzahl der „Porschefahrer“ kann sich einen Porsche auch privat kaufen und muss nicht noch 1% des Bruttolistenneupreises besteuern. Zumal bei Porschefahren im Betriebsvermögen ein Problem entsteht, da die Autos nicht selten im Preis steigen. Bei einem unserer Mandanten war der Porsche nach vielen Jahren abgeschrieben und der Marktwert lag bei 100.000 EUR. Damit muss der Steuerpflichtige 100.000 EUR besteuern, wenn das Auto verkauft wird. In diesem Fall war die 1%-Regelung eindeutig sehr teuer und es kann nicht einfach von einem Dienstwagenprivileg eindimensional gesprochen werden.
7. Fazit
Dienstwagen werden in Deutschland im Jahr 2022 und den Vorjahren hoch besteuert. Es besteht kein Privileg. Es besteht kein Dienstwagenprivileg in Deutschland im Jahr 2022.
Der Begriff Dienstwagenprivileg ist irreführend und suggeriert einen Sachverhalt, der grob falsch ist.
Wie der Staat durch die Abschaffung einer Besteuerungsnorm mehr Geld zur Finanzierung des 9 EURO-Tickets erhalten soll ist unverständlich und zeugt von Unkenntnis des deutschen Steuerrechts. Ich wünsche mir mehr Sachverstand bei den politischen Entscheidungsträgern.
Ich bin ein Unterstützer des Fahrtenbuches und finde es gut, da es meist viel günstiger als die 1%-Regel ist. Die Abschaffung der 1%-Regelung würde zu Steuerausfällen führen, da sich die Steuerpflichtigen neu positionieren würden. Beispielsweise würden PKWs im Privatvermögen gekauft oder es würde vermehrt zur Nutzung des Fahrtenbuches führen.
Dieser Text kann eine individuelle Beratung nicht ersetzen.
Bei Fragen können Sie uns gern anrufen (030-8620331-0) oder mailen an info@steuerberater-berlin.de.
Bleiben Sie gesund.
Dr. Alexander Georgi, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Berlin
Dr. Georgi Steuerberatungsgesellschaft mbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Berlin, 29. August 2022